Das Ziel einer 50Mbit/s Strategie erscheine zu wenig ambitioniert, sagte Thomas Kerkhoff, Bürgermeister der 17.000-Einwohner Stadt Gescher (Nordrhein-Westfalen). Zudem fungiere die Subventionierung von Vectoring-Leistungen als Investitionsbremse für den Glasfaserausbau und sei daher zu überdenken. Kerkhoff verwies darauf, dass durch die Digitalisierung die Möglichkeit bestehe, die Effizienz der Verwaltung zu steigern. Durch die Möglichkeit der Partizipation an Verwaltungsprozessen könne zugleich die Zufriedenheit beim Bürger erhöht werden.

Entscheidend sei es, durch die Digitalisierung das Lebensumfeld der Bürger zu verbessern, urteilte Christoph Meineke, Bürgermeister der 14.000 Einwohner zählenden Gemeinde Wennigsen (Niedersachsen). Für ihn sei beispielsweise klar, dass erfolgreiche Beteiligungsverfahren stets hybrid stattfinden müssten. Wolle man Politik für die Menschen vor Ort machen sei es wichtig, die Online-Kanäle zu nutzen, permanent verfügbar zu machen und Informationen dauerhaft abrufbar zur Verfügung zu stellen, sagte Meineke. Der Bürgermeister machte deutlich dass man die Diskussionen über Störerhaftung und Breitband zwar als wichtig erachte, zugleich aber auch den Blick in Richtung Internet der Dinge und den damit verbundenen Anforderungen richte.

Mario Trapp vom Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) sagte, es habe sich gezeigt, dass in Städten erfolgreiche Ansätze – wie Smart City – in ländlichen Regionen nicht funktionieren würden. Auf dem Land stellten sich andere Herausforderung, so Trapp. Vielfach stelle sich die Frage, wie die Abwanderung gestoppt werden könne. Dabei gehe es um Arbeitsmöglichkeiten, Bildungsangebote, medizinische Versorgung und eingeschränkte Verkehrsinfrastrukturen. Für all diese Problematiken könne die Digitalisierung Lösungen bieten, so der Experte. Um voranzukommen müsse man handeln statt reden. „Und zwar Kommunen und Experten gemeinsam“, sagte Trapp. Die Kommunen wüssten „wo der Schuh drückt“. Die Experten könnten wiederum einschätzen, was technisch möglich ist. Außerdem sei es wichtig, konkret vor Ort zu handeln, „aber das große Ganze im Blick zu behalten“. Viele Kommunen, so Trapp neigten dazu, nur ihren eigenen Bereich zu betrachten.

Nach wie vor gebe es zu wenig digitale Prozesse in der Verwaltung, beklagte die Publizistin und Unternehmensberaterin Anke Domscheit-Berg. Viele Kommunen wollten bei der Digitalisierung vorankommen, schafften dies aber aus Mangel an Kompetenz nicht. „Wir müssen mehr Kompetenz in die Fläche bekommen“, forderte Domscheit-Berg. Das Hauptproblem bei der Digitalisierung ist jedoch ihrer Ansicht nach die schwache Infrastruktur. Lediglich Griechenland sei in Europa beim Glasfaserausbau noch schlechter als Deutschland, bemängelte die Expertin. Grund dafür seien unter anderem falsche Investitionsentscheidungen. „Jeder einzelne Euro, der in Vectoring investiert wird ist eine absolute Fehlinvestition und behindert den Glasfaserausbau“, sagte Domscheit-Berg.

Das in der Digitalen Agenda genannte Ziel, bis 2018 flächendeckend ein Ausbauziel von 50 MBit/s zu erreichen, sei angesichts kommunikativer Notwendigkeiten insbesondere in Bereichen wie Mobilität, Gesundheit und Bildung nicht ausreichend, befand Franz-Reinhard Habbel, Vertreter des Deutscher Städte- und Gemeindebundes. Zudem sei zweifelhaft, ob diese Zielmarke überhaupt erreicht werde. Um den Breitbandausbau voranzubringen wäre aus Sicht Habbels ein Zusammenschluss in Zweckverbänden oder Genossenschaften zu begrüßen. „Gerade das Genossenschaftsmodell eröffnet neue Wege, verschiedene Stakeholder in den Ausbauprozess vor Ort mit einzubinden“, sagte er. Wichtig sei außerdem, den Breitbandausbau als Führungsaufgabe von Bürgermeistern und Landräten zu verstehen.

bundestag.de

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