Eine wichtige Ursache für das kräftige Wachstum im Bereich der Kreditkarten ist die europäische Interchange-Verordnung, wodurch insbesondere die Interbankenentgelte für Kreditkarten und damit die Entgelte für die Händler für diese Kartenart erheblich reduziert wurden. Die Preisregulierung wurde zwar formal erst ab Dezember 2015 wirksam, aber bereits im Vorfeld wurden die Händlerentgelte für große Einzelhandelsketten gesenkt. Als Folge akzeptieren seitdem z. B. große Disounter und Baumärkte neben der Debitkarte ab Frühling 2015 auch die Kreditkarte. Diese Ausweitung der Kreditkartenakzeptanz führte zu einem Wachstumsschub bei Kreditkarten (+11%). Substitutionseffekte (Kreditkarte statt ec cash) haben sicherlich zum geringeren Wachstum bei ec cash (+1,9%) beigetragen.

Außerdem war der regulierungsbedingte Preiseffekt in diesem Segment wesentlich geringer, da die Issuer-Vergütung durch die direkten Händlerentgelte bereits Anfang 2015 unter 0,3% gesunken war. Innerhalb der Marktsegmente verzeichnet ec cash deutliche Unterschiede. Bedingt durch das Wachstum von ec cash im Handel (+5,3%) konnte der starke Rückgang im Tankstellenbereich (minus 17,6%) insgesamt kompensiert werden. Die Ursachen für diesen erheblichen Rückgang waren die Ölpreissenkung gegenüber dem Vorjahr und die massive Verlagerung von ec cash auf ELV, nachdem die damaligen Händlerentgelte für diese Branche in Höhe von 0,2% durch die Interchange-Verordnung nicht gesenkt werden mussten.

Für 2015 übernimmt die PaySys-Kartenmarktstatistik nicht die ec cash-Daten der Deutschen Kreditwirtschaft (DK), die in deren Statistik für 2015 überraschenderweise einen Umsatzminus in Höhe von 3,4% und für 2016 dagegen zweistellige Wachstumsraten aufweist. Nahezu sämtliche Netzbetreiber verzeichneten 2015 bei ec cash eine Zunahme. Außerdem ist die statistische Delle in der DK-Statistik nicht plausibel. Sowohl für 2015 als auch für 2016 ist von einem stetigen und moderaten Wachstum bei ec cash auszugehen.

In der Statistik ist ein Wettbewerb des nationalen Debitkartensystems ec cash/girocard mit den internationalen Debitkarten-Brands Maestro und V PAY noch nicht spürbar. Sowohl für Maestro, als auch für V PAY haben sich die extremen Wachstumsraten der Vorjahre (bedingt durch die Ausdehnung der Akzeptanz) im Bereich von ca. 7-8% „normalisiert“. Insgesamt ist der Anteil dieser Brands noch gering. Das POS-Umsatzverhältnis der internationalen Brands zu girocard beträgt 3 zu 97.

Entgegen den Prognosen stieg der ELV-Umsatz nicht nur im Tankstellenbereich (+31%), sondern auch im Handelsbereich (+9%), obwohl sich das relative Preisverhältnis zum Konkurrenten „ec cash“ wegen der Interchange-Senkung verschlechterte. Das in Deutschland beliebte ELV-Verfahren hat demnach an Attraktivität keineswegs verloren.

Die Verlierer 2015 sind die GeldKarte (-7,8%), die Handelskundenkarten (-3,2%) und die Tankkarten (-2,5%). Der Rückgang bei den Tankkarten ist nicht strukturbedingt, sondern eine Folge der Mineralölpreisentwicklung.

Gemessen an den Konsumausgaben der privaten Haushalte ist für das Kartengeschäft in Deutschland noch viel Potenzial (ca. 560 Mrd. €) vorhanden. Über ein Drittel der Konsumausgaben2 werden mittlerweile mit Karte bezahlt (2015: 36%). Der Anteil lag vor 10 Jahren noch bei ca. 23%.

Im Vergleich zu diesen Zahlen ergibt sich aus der Statistik der Bundesbank (und damit auch der EZB) ein ganz anderes Bild für das Kartengeschäft in Deutschland, vor allem nach der Umstellung der Methodik seit 2014. Auf der Issuing-Seite (deutsche Karten im Inland) bleibt der Kaufumsatz am POS (inkl. Ecommerce) 2015 nahezu unverändert, auf der Acquiring-Seite (Kartenumsatz in Deutschland inländischer Karten am physischen POS exkl. Ecommerce) zeigt die Statistik dagegen einen dramatischen Einbruch um minus 15,6%. Gleichzeitig meldet die Bundesbank auf der Issuing-Seite einen ebenfalls dramatischen Rückgang des Kartengeschäftes im Ecommerce (minus 21,3%). Diese widersprüchliche Entwicklung des inländischen Kartengeschäftes aus der Issuing- und Acquirerperspektive ist mathematisch nahezu unmöglich. Die Erfahrung zeigt außerdem, dass es im Kartengeschäft keine derartigen umwälzenden Veränderungen innerhalb einer Zeitspanne von einem Jahr gibt. Erstmalig meldet die Bundesbank ab 2014 auch Zahlen für ELV („karteninduzierte Lastschriften“): 119,5 Mrd. € (2014) bzw. 112,4 Mrd. € (2015). Nicht nur der Rückgang ist überraschend, sondern vielmehr der Umfang. Es würde bedeuten, dass ca. 40% des ELVUmsatzes nicht über die Terminals der ec cash-Netzbetreiber abgewickelt werden, was völlig unrealistisch ist. Auch diese Zahlen brauchen eine erhebliche Korrektur.

Die meisten der oben genannten Zahlen ergeben sich aus der von der Unternehmensberatung PaySys Consultancy im Januar 2017 veröffentlichten Kartenmarktstatistik 2006 – 2015.

paysys.de

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