Die Vertrauensdienste sollten stärker in das deutsche Recht integriert werden. Nachholbedarf besteht etwa bei der digitalen Kommunikation im Gesundheitswesen, in der Justiz oder bei Cloud-Diensten. So könnten qualifizierte Website-Zertifikate im Telemediengesetz vorgesehen werden, um den Betreiber einer Website sicher identifizieren zu können. Auf diesem Wege könnte die Manipulation wichtiger Webseiten wie z. B. von Banken, Krankenhäusern oder Wasserwerken verhindert werden. Ein gutes Beispiel für die rechtliche Verankerung der Vertrauensdienste ist die Zahlungsrichtlinie PSD2 (Payment Services Directive 2). Dort sind die Werkzeuge der eIDAS-Verordnung zur Absicherung der Kommunikation zwischen Banken und Drittanbietern rechtlich vorgeschrieben. Die Richtlinie könnte Vorbild für eine ähnliche Umsetzung in anderen Anwendungsfeldern sein.
Die „Better Regulation Toolbox #23“ der Europäischen Kommission bietet eine gute Hilfe, um Gesetze schon während ihrer Erarbeitung auf ihre Digitaltauglichkeit hin zu überprüfen. Dazu gibt es bereits das Projekt „Bessere Rechtsetzung“ des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Dieses Projekt könnte um eine Gesetzesfolgenabschätzung ergänzt werden, die überprüft, ob ein Gesetz digitalisierungsfreundlich ist. Einer der zu überprüfenden Punkte wäre, inwiefern Vertrauensdienste im Gesetzestext berücksichtigt wurden und ob sie jetzt auch tatsächlich Anwendung finden. Auf diese Weise würde man die eIDAS-Vertrauensdienste als wichtiges Mittel digitalisierungsfreundlicher Gesetzgebung anerkennen.
Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr bietet die Chance, die Weiterentwicklung der eIDAS-Verordnung auf die Agenda des Europäischen Rats zu setzen. Dabei geht es vor allem um die Einführung neuer Instrumente, etwa eine eID-Funktion für Unternehmen oder eine stärkere Verbindlichkeit bei der Nutzung und Anerkennung der Vertrauensdienste. Zudem sollten die Voraussetzungen für die Zertifizierung und Zulassung von eIDAS-Vertrauensdiensten vereinheitlicht werden.
Letztlich können Bürger, Unternehmen und die Verwaltung von den eIDAS-Vertrauensdiensten gleichermaßen profitieren. Nguyen: „Die eIDAS-Werkzeuge können einen wertvollen Beitrag zur Digitalisierung der deutschen Wirtschaft und Verwaltung leisten und dabei für mehr Daten- und Verbraucherschutz in Deutschland sorgen.“
Wie Bürger und Verwaltung durch eIDAS-Werkzeuge entlastet werden, zeigt die Studie an einem Szenario zur Wohnungsummeldung: Wer seinen Wohnort ummelden will, braucht einen Termin bei der zuständigen Behörde und muss mit den entsprechenden Unterlagen vor Ort sein. Viel einfacher wäre eine digitale Ummeldung. Dafür muss der Bürger sicher, etwa mit der Online-Ausweisfunktion des Personalausweises, identifiziert werden. Die Sicherheit der jeweiligen Website wird durch qualifizierte Website-Zertifikate nachgewiesen. Meldebescheinigung und Erklärung des Vermieters werden mit einer qualifizierten elektronischen Signatur und einem qualifizierten elektronischen Siegel versehen. Der gesamte Prozess und die Dokumente erhalten qualifizierte elektronische Zeitstempel und Siegel, damit der Vorgang auf lange Zeit nachvollziehbar und unverändert gespeichert und archiviert werden kann. Durch dieses Vorgehen ist die gesamte Kommunikation im Meldeprozess abgesichert.