Die Datenschutz-Grundverordnung ist am 25. Mai 2016 offiziell in Kraft getreten. Die Frist für die Umsetzung in den EU-Mitgliedstaaten beträgt zwei Jahre, Stichtag ist der 25. Mai 2018. In dieser Zeit werden die nationalen Gesetze an das EU-Recht angepasst. Die Unternehmen müssen bis dahin die Umsetzung in die Praxis abschlossen haben. Nach dem Stichtag können die Datenschutzbehörden Bußgelder in Höhe von bis zu 4 Prozent des weltweiten Umsatzes verhängen. „Die nationale Gesetzgebung sollte zügig abgeschlossen werden, damit die Unternehmen vollständige Planungssicherheit bekommen“, sagte Dehmel. Als besonders dringlich sehen 46 Prozent der befragten Datenschutzexperten in den Unternehmen die Einführung neuer Prozesse an, zum Beispiel für eine Datenschutz-Folgenabschätzung oder für Privacy by Design. 43 Prozent wollen zuerst eine Neubewertung unternehmerischer Risiken vornehmen und 40 Prozent die Überarbeitung der Verträge zur Auftragsdatenverarbeitung. 38 Prozent wollen zunächst die Datenschutzerklärungen anpassen.
Nach den Ergebnissen der Umfrage sind viele Unternehmen organisatorisch nicht optimal auf die Veränderungen vorbereitet: Nur jedes zweite (51 Prozent) verfügt über ein so genanntes Verfahrensverzeichnis, in dem die internen Prozesse bei der Verarbeitung personenbezogener Daten dokumentiert werden. „Das Verfahrens-verzeichnis ist die Arbeitsgrundlage der betrieblichen Datenschutzbeauftragten“, sagte Dehmel. „Bei einer Überprüfung durch die Aufsichtsbehörden können Unternehmen mit dem Verfahrensverzeichnis zeigen, dass die Prozesse korrekt ablaufen.“ Daher sollten alle Unternehmen ein solches Verzeichnis anlegen.
Aus Sicht des Bitkom entsteht der Wirtschaft ein hoher Aufwand für die Umsetzung der neuen Regelungen. Ein Viertel (26 Prozent) der Unternehmen, die sich bereits mit der Datenschutzverordnung beschäftigt haben, wird zusätzliches Personal für die Anpassung der internen Prozesse bereitstellen. Immerhin 29 Prozent gehen davon aus, dass die Verordnung dauerhaft zu einem Mehraufwand im Vergleich zur aktuellen Rechtslage führt. Knapp zwei Drittel (64 Prozent) werden externe Hilfe in Anspruch nehmen, zum Beispiel für eine Rechtsberatung und von Datenschutzexperten.
„Insgesamt blickt die Wirtschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit gemischten Gefühlen auf die große Datenschutzreform“, sagte Dehmel. Jedes vierte Unternehmen (25 Prozent) geht davon aus, dass die Reform viele interne Abläufe komplizierter machen wird und jedes dritte Unternehmen (36 Prozent) ist der Ansicht, dass Innovationen in der Europäischen Union gebremst werden. Auf der anderen Seite begrüßt eine Mehrheit (57 Prozent), dass die Reform zu einheitlichen Wettbewerbsbedingungen in der EU führen wird. Ein Drittel aller Unternehmen (33 Prozent) verspricht sich sogar konkrete Vorteile für sein Geschäft.
Das zweite wichtige Datenschutzthema für die Unternehmen ist die Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA, nachdem der EuGH im Oktober 2015 das Safe-Harbor-Abkommen für ungültig erklärt hatte. Nach den Ergebnissen der Bitkom-Umfrage sind Datentransfers zwischen Unternehmen weit verbreitet. So lassen 42 Prozent der befragten Unternehmen personenbezogene Daten von einem externen Dienstleister verarbeiten. Bei Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sind es sogar 68 Prozent. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Unternehmen das Gehalt der Mitarbeiter über einen Personal- oder Finanzdienstleister auszahlen lassen. Auch bei Public-Cloud-Lösungen für das Management von Kundenbeziehungen erfolgt die Datenverarbeitung bei einem externen Dienstleister. Auf der anderen Seite verarbeitet ein Drittel der Unternehmen (33 Prozent) selbst Daten im Auftrag anderer Unternehmen. Bei den großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sind es zwei Drittel (66 Prozent). „Datentransfers zwischen Unternehmen gehören in der digitalen Wirtschaft zum Alltag“, sagte Dehmel. „Für die Gewährleistung des Datenschutzes brauchen die Unternehmen klare und handhabbare Vorgaben vom Gesetzgeber.“
Fast alle Unternehmen (94 Prozent), die einen externen Dienstleister mit der Verarbeitung personenbezogener Daten beauftragt haben, lassen diese innerhalb Deutschlands verarbeiten. 36 Prozent lassen Daten in der EU verarbeiten und 8 Prozent außerhalb der EU (ohne die USA). Nur 4 Prozent geben an, dass Daten in den USA verarbeitet werden. Daneben versenden international agierende Unternehmen Daten innerhalb der eigenen Organisation an Standorte in anderen Ländern. Das können zum Beispiel Personal- oder Kundendaten sein, die zwischen einer Niederlassung und der Zentrale ausgetauscht werden. Laut Umfrage übermittelt knapp jedes zehnte Unternehmen (9 Prozent) Daten innerhalb der eigenen Organisation in die USA, bei den Unternehmen ab 500 Mitarbeitern ist es jedes dritte (33 Prozent).
Aus Sicht des Bitkom ist das Privacy Shield neben den Standardvertragsklauseln der EU eine weitere wichtige Grundlage für rechtssichere Datentransfers in die USA. Allerdings ist immer noch nicht abschließend geklärt, ob diese Rechtsinstrumente mit dem Grundsatzurteil zum Safe-Harbor-Abkommen vereinbar sind. Dehmel: „Die Unternehmen brauchen Rechtssicherheit für Datenübertragungen auch über Landesgrenzen hinweg.“
Eine Publikation mit FAQ zur Datenschutz-Grundverordnung zum kostenlosen Download finden Sie hier.
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Befragung, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 509 für den Datenschutz verantwortliche Personen (Betriebliche Datenschutzbeauftragte, Geschäftsführer, IT-Leiter) von Unternehmen aller Branchen ab 20 Mitarbeitern in Deutschland befragt.
Auf der OMNISECURE 2017 vom 16. bis 18. Januar in Berlin wird die europäische Datenschutz-Grundverordnung in einem großen Forum mit internationalen Gästen diskutiert werden. Die Agenda des Kongresses wird Anfang Oktober veröffentlicht.