Der Begriff Industrie 4.0 steht für die vierte industrielle Revolution, in deren Verlauf die klassische Produktion mit dem Internet zusammen wächst. Durch digitale Technologien wie Sensoren, Big-Data-Analysen oder 3D-Druck wird die Fabrik zur intelligenten Fabrik, in der Maschinen, Produkte, Kunden und Lieferanten miteinander und nach außen vernetzt sind. Dadurch können Prozesse optimiert und Kosten gespart, aber auch neue, innovative Geschäftsmodelle entwickelt werden, etwa auf der Grundlage von Plattformen oder Big-Data-Analysen.
„Die vierte industrielle Revolution ist in der Werkhalle angekommen“, sagt Frank Riemensperger, Bitkom-Präsidiumsmitglied. Die Studie zeigt allerdings auch, dass die Unternehmer in puncto Investitionen noch eher vorsichtig agieren. So haben zwar 57 Prozent der Betriebe, die Industrie 4.0 anwenden oder dies planen, in diesem Jahr Gelder dafür eingeplant – das Budget macht aber im Schnitt nur 4 Prozent des Gesamtumsatzes aus. „Digitale Marktführerschaft gibt es nicht zum Spartarif. Wer auch künftig noch erfolgreich sein will, muss jetzt in die Digitalisierung investieren“, so Riemensperger.
Laut der Bitkom-Befragung verfolgen die Anwender und Planer von Industrie 4.0 damit vor allem das Ziel, ihre Prozesse zu optimieren und die Kapazitätsauslastung in ihren Fabriken zu verbessern. 69 bzw. 57 Prozent nennen diese Punkte unter den drei wichtigsten Zielen. Rund die Hälfte (50 Prozent) erhofft sich von dem Einsatz vor allem eine schnellere Umsetzung von individuellen Kundenwünschen. 44 Prozent wollen durch Industrie 4.0 vor allem ihre Produktionskosten senken und 19 Prozent ihre Personalkosten. Eine bessere Planung von Wartungsfenstern hat für 17 Prozent der Anwender und Planer hohe Priorität. Nur 14 Prozent verfolgen mit Industrie 4.0 zuvorderst das Ziel, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln oder bestehende Geschäftsmodelle zu verändern. Lediglich 13 Prozent zielen mit Industrie 4.0 vor allem darauf ab, neue Kundengruppen anzusprechen. „Industrie 4.0 zahlt unter anderem auf die klassischen Erfolgsfaktoren eines Unternehmens ein: mehr Effizienz und Produktivität. Es geht gleichermaßen darum, Bestehendes zu verbessern und Neues zu schaffen“, so Riemensperger. „Insbesondere neue ‚As a Service‘-Geschäftsmodelle, in denen die Produkte nicht mehr verkauft, sondern die Nutzung nach Verbrauchseinheiten abgerechnet wird, erfordern es, die bewährten Geschäftsmodelle zu hinterfragen und möglicherweise grundsätzlich zu verändern.“
Bei der Umsetzung von Industrie 4.0 gehen die Anwender und Planer fast alle (97 Prozent) strategisch vor, wobei die Ansätze unterschiedlich weit reichen: 59 Prozent haben eine Strategie für das Gesamtunternehmen, 38 Prozent nur für einzelne Bereiche des Unternehmens. „Das Ausprobieren in Teilbereichen ist ein guter Anfang. Das volle Potenzial entfaltet sich aber erst, wenn alle Bereiche konsequent digitalisiert werden. Die beste digitale Vernetzung in der Fertigung nützt wenig, wenn Lieferketten und Kundenbindungsprogramme mit den neuen digitalen Fertigkeiten und der damit verbundenen Agilität nicht mithalten können. Mittelfristig braucht es deshalb einen integrativen Ansatz, der Lieferanten, Partner und Kunden in die eigene digitale Strategie mit einbindet“, so Riemensperger.
Gerade für die firmenübergreifende Zusammenarbeit ist es zudem gut, über den eigenen Tellerrand zu schauen und verstärkt externe Expertise einzubeziehen. Laut der Befragung werden die Industrie-4.0-Strategien derzeit größtenteils mit internen Mitarbeitern wie dem Produktionsleiter entwickelt, wie 91 Prozent der Befragten erklären. 39 Prozent haben externe Berater herangezogen, zum Beispiel von Unternehmensberatungen oder Industrie- und Handelskammern. 28 Prozent haben ihre Strategie in Kooperation mit mittelständischen oder großen Unternehmen aus der Digitalbranche entwickelt. 11 Prozent haben dafür mit Wettbewerbern kooperiert, 8 Prozent mit wissenschaftlichen Einrichtungen. Lediglich 6 Prozent haben Start-ups in den Strategieprozess miteinbezogen. „Wenn es darum geht, neue datengetriebene Geschäftsmodelle zu entwickeln, braucht man neben erfahrenen eigenen Mitarbeitern auch Leute, die aus den gewohnten Denkmustern ausbrechen und frische Ideen einbringen. Start-ups, Service-Partner und oft auch die eigenen Kunden liefern hier meist kreative Impulse.“
Die größte Hürde beim Einsatz von Industrie 4.0 ist der hierfür nötige Mitteleinsatz. 75 Prozent aller Industrieunternehmen sagen, dass hohe Investitionskosten den Einsatz von Industrie 4.0 in ihrem Unternehmen hemmen. Anforderungen an den Datenschutz und an die Datensicherheit gehören mit 55 bzw. 51 Prozent ebenfalls zu den Haupthemmnissen. Der Mangel an Fachkräften wird von 53 Prozent als Problem genannt. Weitere Hemmnisse sind: die Komplexität des Themas (50 Prozent), der fehlende Rechtsrahmen (40 Prozent), eine befürchtete Störanfälligkeit der Systeme (38 Prozent), sowie fehlende Standards (36 Prozent).