Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr berichtete zusammen mit dem Kompetenzcenter Elektronisches Fahrgeldmanagement (KCEFM) über die heutigen und zukünftigen Auswirkungen der Digitalisierung auf das eTicketing und das Elektronische Fahrgeldmanagement im VRR. Die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie „Check-In/Check-Out im VRR“ im Jahr 2013/14 zeigten, dass die Konzeption CICO nicht für alle Beteiligten geeignet ist. Nicht mehr der Technologie-Ansatz, sondern das Marketing unter Berücksichtigung der technologischen Möglichkeiten steht bei den Verkehrsunternehmen im Vordergrund. Eine Kundenbefragung im VRR zeigte auf, dass nicht nur die Digitalisierung die Nutzung des ÖPNV einfacher macht, sondern auch der klassische Zugang den Kunden bietet, was sie erwarten. Die Digitalisierung wird als Chance gesehen, Information & Ticket & Service werden vernetzt, wobei für den Zugang zum Kunden die Information im Vordergrund steht. Die zentralen Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit aller Partner sind Konvergenz der Ziele und die Vernetzung von Angebot, Tarif und mandantenfähigen Systemen.
eSIM 2020 (EFM-Systemintegration und Migration für den Zielhorizont 2020) wird Be-In/Be-Out auf das Smartphone bringen. Das Projekt wird im Rahmen der Fördermaßnahmen der Bundesregierung erarbeitet und hat die automatische Raumerfassung, Be-In/Be-Out, und die Fahrpreisfindung für Gelegenheitskunden zum Ziel. Die einzelnen Schritte sind Einsteigen und App aktivieren, Fahren mit automatischer Erfassung der Anwesenheit, Aussteigen mit Unterbrechung der Datenkommunikation, automatische Datenübertragung vom BIBO-System zum Hintergrundsystem. Basis ist die VDV-Kernapplikation. Ende 2015 werden der Demonstrator Fahrgast und der Technologie-Demonstrator für die Testphase zur Verfügung stehen.
In Münster wird das dynamische 90-MinutenTicket zum multimodalen eTicket weiterentwickelt, PlusCard und Smartphone werden zusammenwachsen. Zu den existierenden Angeboten wie FlexAbo, ParkPlus-Service oder RadPlus-Service wird der TaxiPlus-Service (Bargeldloses Taxifahren mit eTicket) hinzukommen. Eine Neuaufstellung der Vertriebskanäle wird mit dem Ziel durchgeführt, den Bordverkauf von Einzel-Tickets drastisch zu reduzieren, damit sich die Umlaufszeiten der Fahrzeuge deutlich verbessern lassen.
Kundenbedürfnisse und Kundenanforderungen stehen im Vordergrund der etablierten App für Information und Verkauf der Deutschen Bahn. Die steigende Bedeutung des DB Navigator ist an den Nutzungszahlen ablesbar. Der Fahrgast erwartet entlang seiner gesamten Reisekette über alle Endgeräte die passenden Informationen zu Fahrplan und Ticketverkauf, Verspätungen, zusätzlichen Services, Navigation, On-Trip Informationen und Social Media Support. Die Strategie der DB sieht vor, jederzeit auf neue Kundenbedürfnisse zu reagieren, um maximale Information und Entlastung für die Reisenden zu schaffen. Ein Relaunch des DB Navigators ist für Juni 2015 geplant.
(((eTicket Deutschland Newsticker: Der VDV eTicket Service, VDV-ETS, hat bereits 300 Verträge für die Nutzung der VDV-Kernapplikation mit Verkehrsunternehmen und -verbünden abgeschlossen. Mit eTT (Testtool VDV-Kernapplikation) wurde ein neues Testinstrument für Hersteller, Verkehrsunternehmen und -verbünde auf den Markt gebracht, das aber nicht die Zertifizierung ersetzt. Die ersten Teilziele im Projekt IPSI (Interoperables Produkt-Service-Interface) sind erreicht, der Echtbetrieb soll im Juli 2015 beginnen.
Kernpunkt der Präsentation der Wuppertaler Stadtwerke war die neue Vertriebsstrategie, die speziell in der Ersatzbeschaffung ein Einsparungspotential von etwa 1 Mio EUR bis 2017 ausweist. Aus der Reihe von nichtmonetären Maßnahmen sind die Stärkung der Online-Vertriebswege, die Reduzierung von Automaten, die Kundenbindung der Seltennutzer und die CRM-Strategie Abo hervorzuheben.
Innerhalb des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr haben sich sechs Unternehmen zu einer Vertriebsallianz zusammengeschlossen. Sie werden gemeinsam eine zukunftsweisende Neuordnung des Vertriebs im VRR und eine offene Plattform für weitere Partner im VRR und darüber hinaus erarbeiten. Eine Machbarkeitsstudie hat die Basis für ein gemeinsames Hintergrundsystem geliefert. Die Analyse der Ausgangssituation im Vertrieb machte deutlich, dass „nicht jeder alles machen muss“. Grundgedanke des gemeinsamen Vorhabens ist es, Transparenz im Verbund zu schaffen und Kooperation und Allianzen Schritt für Schritt zu entwickeln. Der Kunde mit seinen Anforderungen und Wünschen ist Basis für die Systemausprägung, die mandantenfähig und als offene Plattform angelegt ist.
Fünf Thesen für die Digitalisierung im ÖPV und die daraus resultierenden Herausforderungen stellte Ulrich Jaeger, Geschäftsführer der WSW mobil, in den Mittelpunkt seiner Keynote.
- Alle Lösungen müssen vom Kunden aus gedacht werden, nicht aus Sicht der Technologie. Technologie soll Probleme lösen, aber keine schaffen.
- Kollaboration ist notwendig. Die technologischen Herausforderungen können nur gemeinsam bewältigt werden. Es macht keinen Sinn, dass jeder alles selbst entwickelt. Kooperation muss aber nicht nur zwischen den Unternehmen sondern auch im Unternehmen stattfinden. Lösungen sollen gemeinsam und partnerschaftlich entwickelt und dann allen zugänglich gemacht werden.
- Die Vielfalt der Angebote muss auch in Zukunft gegeben sein. Es wird viele Lösungen geben, die nicht nur auf ein Medium zurückgreifen. Schon heute sind die Kunden mit allen möglichen Medien und schicken Apps unterwegs.
- Die Komplexität sollte so weit wie möglich reduziert werden, sie darf nicht abschrecken. Die einfachere Lösung ist oft die bessere.
- Es ist wichtig, nie aus den Augen zu verlieren, wofür der Kunde bezahlt. Ohne die Basisqualität der Transportleistung ist alles andere wertlos. Der ÖPV ist nicht das Problem, sondern die Lösung. Das Gute noch besser zu machen, ist das Ziel.
Die Erfahrungen der MVG aus München zeigen, dass die Fahrausweisprüfung für eine Reihe von Fällen nur sehr schwer im elektronischen Kontrollsystem abzubilden ist. Grundsätzlich dient der Kontrollservice der Einnahmensicherung des Unternehmens. Ein Bündel von Ursachen führt dazu, dass die Kontrollquote von Mitte der 90er Jahre bis heute von 70 auf 45 Fahrgäste je Stunde gesunken ist. Seit Einführung von Handy- und PrintTicket gilt: Jedes eTicket muss auch elektronisch gelesen werden können. Dazu haben MVG und MVV ein ganzes Spektrum von Prüf- und Sicherheitskriterien definiert. Geprüft wird mit Mobilen Datenerfassungsgeräten (MDE) und Einstiegskontrollsystemen über Barcode-Scanner. Der kontrollierte Vordereinstieg im Bus erforderte eine umfassende Information der Kunden, massive Schulung des Fahrpersonals und für beide Gruppen eine Eingewöhnungszeit. Nur so wurde die Handhabung akzeptiert und das notwendige Vertrauen in das System konnte aufgebaut werden. Die Verkaufszahlen im eTicketing haben sich innerhalb von 10 Monaten nahezu verdoppelt. Da die Prüfzeiten/Kontrollzeiten bei Barcode-eTickets 1,6 Mal so hoch sind wie bei konventionellen Fahrscheinen, sind Alternativen dringend erforderlich. Die Ausgabe von Chipkarten für spezielle Gruppen wird unvermeidbar, obwohl die eigentliche Zukunft dem Smartphone mit NFC u.ä. gehört.
Die Welt der Zahlverfahren hat sich stark verändert. Die heutige Vielfalt von eWallets und mWallets ist nicht transparent. Neu hinzu kommt das Contactless Payment via NFC. Die NFC-Marktdurchdringung im Handel ist gestützt auf NFC Cards und NFC Smartphones. NFC Eco Systeme sind in ihrer Funktionalität auf Payment, Coupon, Loyality und Advertising ausgelegt. Beispiele aus den USA sind Apple Pay auf Smartphone-Basis und Kooperation mit Banken oder SoftCard Wallet als Partner von Kreditkatenunternehmen. In Deutschland ist Mobile Payment in etwa 200 Unternehmen mit unterschiedlichen Systemen eingeführt. Deutschland ist gegenüber diesen Verfahren relativ resistent, so dass noch kein Durchbruch erzielt werden konnte. Die Banken setzen für die Zukunft auf NFC. Der Handel dagegen ist noch unentschieden, eine 5% Marktdurchdringung mit NFC-Geräten ist dort Voraussetzung für NFC-basiertes Payment. Der Auftakt für ein nationales Rollout kann das Projekt „NFC City Berlin“, an dem eine Reihe von Handelsketten beteiligt ist, werden.
Ein NFC Eco System für den ÖPV ist noch nicht verfügbar. Der Datenaustausch mit NFC ist noch nicht hinreichend standardisiert, für Datenübertragung haben Chips und NFC Smartphones unterschiedliche Normierungen (ISO 14443 bzw. 18082/21481). Die unterschiedliche technische Platzierung des Secure-Elements und unterschiedliche Antennengrößen wirken erschwerend. Die Sicherheitsanforderungen der NFC-Anwendungen sind ebenfalls sehr unterschiedlich. Die Studie „Mobile in Retail“ hat ergeben, warum NFC noch nicht eingesetzt wird. An erster Stelle der Herausforderungen steht „Gewährleistung von ausreichender Sicherheit“, aber auch „Kundenakzeptanz herstellen“ und „Marktfähige Lösungen etablieren“ liegen ganz vorn. Im ÖPV ist die ordnungsgemäße Barcode-Prüfung zukünftig nicht mehr wirtschaftlich. Bei NFC zeigt sich eine deutlich bessere Kostensituation.
Bei der Betrachtung eines Organisationsmodells für ein ÖPV NFC Ecosystem zeigt sich, dass eine ganze Reihe offener Fragen zwischen der Telekommunikationswelt und dem ÖPV zu klären sind. Bei der Suche nach einer Systemlösung wird deutlich, dass SIM-Rental für Deutschland zunächst die wahrscheinlichste Ecosystemvariante sein wird. Der nächste Schritt für die Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen ist nun die Teilnahmeentscheidung. Basis für so eine Entscheidungsfindung sind Preisabfragen der VDV eTicket Service (VDV-ETS) bei Systemanbietern der Mobilfunk-Welt. Mit diesen Informationen wird VDV-ETS interessierte Verkehrsunternehmen und –verbünde bei den nun notwendigen Betrachtungen unterstützen.
Der „Marktplatz NFC“ bot die Möglichkeit, die NFC-Payment-Systeme verschiedener Anbieter, die heute schon am Markt sind, zu testen. Telekom Deutschland, Vodafone und E-Plus Mobilfunk/Telefónica waren die Aussteller. „NFC zum Anfassen“ wurde auch an einem Elektroauto demonstriert, das Aufschließen und in Betrieb setzen erfolgt per Smartphone.
Drei Foren haben die Basis für Diskussionen und Erfahrungsaustausch geboten. Das Thema „Vom Verkehrsunternehmen zum IT-Spezialisten dank eTicketing“ beleuchtete die Herausforderung an die IT im Unternehmen und an die Mitarbeiter. Auch die Fragen „selbst machen vs. Outsourcing“ und „allein oder gemeinsam“ wurden diskutiert. Gegenstand der Diskussion „Fakten aus der Datenflut“ waren die Potentiale, die mit den Daten, die heute schon vorhanden sind, zur Verfügung stehen. Die Antwort auf die Frage „Gibt es Geschäftsmodelle für das Angebot integrierter Mobilitätsdienstleistungen?“ erfordert noch viel eigene Innovationskraft, zielorientiertes Vorgehen und Visionen. Es gibt also ausreichend Themen für die Agenda der nächsten Konferenzen.